Mein Kuschelkind hat ein Lieblingswort: Nein! Dieses Nein bekomme ich eigentlich den ganzen Tag zu hören. Zähneputzen? Nein! Anziehen? Nein! Windeln wechseln? Nein! Essen? Nein! Schlafen gehen? Nein! Egal, um was es geht – es herrscht irgendwie immer Diskussionsbedarf. Dabei finde ich es äußerst wichtig, dass schon ein Kleinkind klar Nein! sagen kann. Aber muss es denn unbedingt immer ein Nein, Mama! sein?
Mein Kuschelbub ist schüchtern. Vieles, was für andere Kinder (und auch Erwachsene) normal ist, möchte er einfach nicht. Erst neulich gab es wieder eine solche Situation beim Einkaufen. Wir stehen gerade vor der Kasse, als ein kleiner Junge (etwa ein Jahr jünger als der Kuschelbub) auf uns zukommt und uns beobachtet. Er geht auf den Kuschelbuben zu und umarmt ihn. Meine Alarmglocken schrillen innerlich, während alle Leute um uns herum “Oooooh, wie süß!” seufzen. Doch ich kenne meinen Buben und der findet so etwas gar nicht süß. Ich sehe in sein verdattertes Gesicht, während der fremde Bub ihn noch immer umarmt hält und hoffe, dass er irgendein Zeichen gibt. “Sag Nein!”, denke ich, aber nichts kommt über seine Lippen. Irgendwann wird es doch zu viel und er bricht in Tränen aus. Behutsam (er)löse ich mein Kind aus der Umarmung und tröste es. Die umstehenden Leute und der kleine Bub verstehen die Welt nicht mehr. Für mich ist es aber eine für ihn typische Reaktion, die völlig in Ordnung ist.
Solche Situationen gibt es bei uns öfter und für mich ist es jedes Mal wieder schwierig, den perfekten Moment auszumachen, an dem ich wohl besser eingreifen sollte. Deshalb erkläre ich meinem Sohn: “Wenn jemand etwas tut, das du nicht möchtest, dann sag ‘Nein!’. Ich helfe dir dann sofort.” (Natürlich könnte ich ihm auch vorschlagen, er soll “Ich möchte das nicht.” sagen. Das wäre ohne Zweifel eine höflichere Variante, aber immerhin reden wir hier von einem Kleinkind, das sich in einer unangenehmen Situation befindet. Da ist ein einfaches Nein! oft schon schwer genug.)
Ich weiß, er kann Nein! sagen. Und das sogar ziemlich konsequent. Aber leider nur zu mir. Doch um seinetwillen gebe ich nicht auf und motiviere ihn immer wieder dazu Nein! zu sagen. Denn es wird viele Situationen in seinem Leben geben, in denen es wichtig, wenn nicht sogar lebensnotwendig ist, Nein! zu sagen.
Nein! zu sagen ist das Recht eines jeden Menschen. Auch ein Kleinkind darf ausdrücken, dass es etwas nicht tun möchte, oder dass ihm etwas nicht gefällt. Für uns Eltern ist es aber ein kräftezehrender Prozess, der viel Fingerspitzengefühl erfordert. Ich höre geschätzte dreißig Mal am Tag Nein! und zwar meistens zu Dingen, die nicht zur Diskussion stehen sollten. Zähneputzen und Anziehen gehören zu unserer täglichen Routine. Hier muss man einfach immer und immer wieder erklären: Wenn man nicht die Zähne putzt, kann man heute nichts Süßes essen. Wenn man sich nicht anzieht, kann man nicht zum Spielen in den Garten gehen. Manchmal hilft aber auch ein Kompromiss, oder wenn die Wünsche des Kindes direkt berücksichtigt werden. Beim Zähneputzen erzähle ich immer eine Geschichte. Ich sage daher nicht “Wir gehen jetzt Zähneputzen.”, sondern “Welche Geschichte soll ich dir jetzt beim Zähneputzen erzählen?”.
Doch es gibt auch riskante Situationen, in denen ein Nein! einfach nicht akzeptabel ist. Zum Beispiel wenn es darum geht, nicht einfach auf die Straße zu laufen, oder auf die heiße Herdplatte zu greifen.
Es ist eine Gratwanderung. Auf der einen Seite muss man seinem Kind immer das Gefühl geben, dass sein Nein! respektiert wird. Auf der anderen Seite muss man ihm auch verständlich machen, dass es Dinge gibt, die nicht verhandelbar sind. Hier kommt ganz stark die Vorbildwirkung ins Spiel: Je öfter wir als Eltern das Nein! unseres Kindes akzeptieren, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es ein Nein! von uns akzeptiert.
Geht es euch auch gerade so wie mir? Dann möchte ich euch zum Abschluss einen kleinen Denkanstoß mit auf den Weg geben: Zählt doch einfach einmal mit, wie oft ihr am Tag Nein! zu eurem Kind sagt und wie oft es eigentlich wirklich notwendig und nicht einfach nur gerade bequem ist.
P.S.: Erfahre mehr über mich und das Kuschelkind.
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3 Kommentare
Sehe ich genau wie du, auch wenn es manchmal ganz schön anstrengend ist … 🙂
Ich bin vollkommen deiner Meinung. Spätestens wenn Geschwister da sind, ist das “Nein” zu akzeptieren und verstehen lernen leichter.
Das ist auch wie mit dem “Zusammen essen”. Wenn meine Kinder sagen, dass sie fertig sind aber der Teller nicht leer ist, dann akzeptiere ich das auch. Jedoch wird die Mittagsration mit einkalkuliert falls der Nachwuchs nach was Süßem verlangt.
Liebe Mama! Ja, das mit dem Nicht-aufessen-müssen finde ich auch sehr wichtig. Wobei es bei uns sehr oft so ist, dass das Kuschelkind einfach nicht beim Tischen sitzen bleiben möchte, lieber spielen geht und sich dann doch noch ein paar Bissen holt, wenn ich ankündige dass ich seine Portion aufessen werde. Futterneid halt. 🙂
Liebe Grüße,
Christina